Fachsymposium Brennpunkt Alpines Bauen
ABBRUCH. AUSBRUCH. AUFBRUCH. war das Motto des 10. Fachsymposiums Brennpunkt Alpines Bauen, das am 12. Oktober 2023 wieder traditionell an der FH Salzburg Campus Puch/Urstein stattgefunden hat. Im Mittelpunkt standen Themen rund um die Wiederverwertung von vorhandenen Materialien, der Ausbruch aus Normen und die Chancen der Digitalisierung.
Die Bauwirtschaft ist aktuell massiv gefordert: Auf der einen Seite sorgen Kriege, Inflation und ein verschärftes Zinsumfeld für eine gewisse Stagnation, auf der anderen Seite werden dringend Lösungen für ein kreislaufeffektives Bauen gesucht um die anfallenden CO2-Emissionen im Bauwesen zu verringern. Mit dem Keynote „Mut zur Utopie“ zeigte Stefanie Weidner vom Büro Werner Sobek inspirierende Zukunftsbilder auf. Was wir lernen können aus Dänemark: Fehlerkultur und Wissen teilen, um gemeinsam zu wachsen. „Ein Umdenken in der Bauwirtschaft ist nötig, denn gesetzlich auf den Weg gebrachte Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, um die für Klimaziele nötigen Emissionseinsparungen zu erreichen“, apelliert Weidner.
Lösungsansätze gibt es – die Gesetzgebung muss nachziehen
Eine spannende Diskussion löste im Anschluss das deutsche Projekt „Gebäudetyp E“ aus, welches Rainer Post von der Bayerische Architektenkammer präsentierte. Eine Vielzahl an Normen schaffen Vorgaben, die den Ressourceneinsatz zum Teil über das benötigte „Soll“ hinausschießen lassen. Mit dem „Gebäudetyp E“ wird ein praktischer Leitfaden vorgelegt, der sich mit der Reduktion von Bauten auf die wesentlichen Schutzziele, wie Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz bezieht. Es sollte zum Beispiel möglich sein, Recyclebar zu konstruieren ohne dabei die in der Norm vorgeschriebenen Klebeverbindungen berücksichtigen zu müssen.
Das der „Gebäudetyp E“ auch für Österreich durchaus übertragbar wäre, wurde im Anschluss am Podium mit Vertreter:innen aus der Stadtbauabteilung, Sachverständigenkommission, Kammer der Architekten und Ziviltechniker:innen, sowie der Bauwirtschaft diskutiert. Im Land Salzburg wird derzeit an einem neuen Wohnbauförderungsgesetz gearbeitet, das mit Anfang 2025 in Kraft tritt. Aktuell wird in Salzburg Bauen im Bestand nicht so gut gefördert wie Bauen auf der grünen Wiese. Die Podiumsteilnehmer:innen sind sich einig, dass sich das zukünftig ändern muss, damit der Verwertung von Bestand wieder mehr Attraktivität zukommt.
Nach dem gelungenen Auftakt tauchten wir ein in die Welt der Kreislaufwirtschaft mit den Pionieren Madaster Austria, Revitalyze und Baukarussell. Madaster Austria löst über die Einführung eines Materialpasses die Herausforderungen der Dokumentation an verbautem Material im Gebäude. Auch sehr spannend war ein Kennenlernen der Digitalplattform Revitalyze, welche das Angebot an Bestandsmaterial und Marktnachfrage zusammenbringt. Mit Baukarusell wurden dann Rückbaupotenziale anhand von Social Urban Mining anhand von realisierten Projekten aufgezeigt.
Kreative Holzbauarchitektur trifft auf Natürlichkeit und visionäre Lebenswelten
„Im Namen des Naiven“ begann Chris Precht, Architekt aus Werfen, seinen Impulsvortrag über visionäre Baukultur im alpinen und städtischen Raum. Mit Verspieltheit und Leichtigkeit greift das Büro studio precht mit seinen Konzepten regionale und kulturelle Besonderheiten auf, wobei sich wie selbstverständlich der Holzbau in deren Umsetzung wiederfindet. Dabei ist es Chris Precht ein besonderes Anliegen das Gefühl der Freiheit auch in der Architektur erlebbar zu machen. Die vorgestellten Projekte schafften einen Ausbruch aus starrer Regeln und Grenzen und versetzten die Teilnehmer:innen fast zurück zum Ursprung – in eine Umgebung voller Natürlichkeit und Kreativität.
(c)Innovation Salzburg / Benedikt Schemmer
Die Chancen von Kreisläufen im Bau durch Digitalisierung
Abschließend zeigte Anton Rieder, Geschäftsführer von Riederbau, mit dem Thema Digitalisierung die enormen Einsparungspotenziale durch die Anwendung von BIM (Building Information Modeling) und den damit verbunden Möglichkeiten ein ressourcenschonendes Bauen in der Praxis umzusetzen. „Durch simulative Berechnungsmethoden kann ein Einsparungspotenzial von 25 bis 30 Prozent der Ressourcen und Kosten bei Gebäudetechnik und 10 bis 15 Prozent bei Tragwerken geortet werden“, berichtet Rieder. Eindrucksvolle Zahlen, die uns daran erinnern, wie sinnvoll es ist alle beteiligten Gewerke frühzeitig zusammenzuführen und an einer gemeinsamen Datenbasis zu arbeiten.
Mit dem Fachsymposium Brennpunkt Alpines Bauen tragen die Veranstalter Innovation Salzburg, die Zukunftsagentur Bau, die FH Salzburg, die Kammer der Ziviltechniker Architekten und Ingenieuren, die Initiative Architektur, die Initiative Digital findet Stadt und der Holzcluster Salzburg zum Bewusstsein und mögliche Lösungsansätze zu diesem Thema bei. Das Symposium findet jedes Jahr im Herbst statt. Auch dieses Mal freuten sich die Veranstalter wieder über mehr als 250 Teilnehmer:innen.